Luft als Gemeingut: Reclaim Air
Mit Luft als Gemeingut: Reclaim Air stellt CURRENT den Aspekt der Commons (Gemeingüter) in den Vordergrund und untersucht, wie Luft sich territorialer Abgrenzungen und individueller Aneignung entzieht. Meist wird Luft als selbstverständlich und gegeben betrachtet, erhält im öffentlichen Diskurs weit weniger Beachtung als beispielsweise Wasser. Im Kontext der Klimakrise, wachsender Umweltbelastungen und Atemwegserkrankungen, rückte Luft verstärkt in den gesellschaftlichen und politischen Fokus. Als omnipräsenter Bestandteil des urbanen Raums wirft Luft zentrale Fragen nach Zugang, Verteilungsgerechtigkeit und Verantwortung auf: Inwiefern kann Luft als öffentlicher Raum verstanden werden? Wer trägt die Verantwortung für die Qualität dieses Raumes? Wie beeinflusst die Luftqualität den Körper und sein Wohlbefinden?
Die Auseinandersetzung mit Luft als Gemeingut erfordert einen transdisziplinären Ansatz, der ökologische, gesellschaftspolitische und infrastrukturelle Dimensionen miteinander verbindet. Emissionen, Schadstoffverteilungen und Umweltungerechtigkeiten sind eng mit Luftqualität verknüpft und werfen wichtige Fragen zur Verantwortung und den gesellschaftlichen Folgen auf. Ein spannendes Beispiel liefert die Architektin Nerea Calvillo: Sie zeigt aus queer-feministischer Perspektive, dass Luftverschmutzung keine objektive Tatsache ist, sondern gesellschaftlich definiert wird. Am Beispiel von Pollen – zugleich natürlich und potenziell gesundheitsschädlich – verdeutlicht sie, dass Umweltprobleme auch soziale Machtverhältnisse darstellen. Diese Ambivalenz verdeutlicht, dass „natürlich“ und „schädlich“ nicht klar trennbar sind.
Künstlerische Vorschläge und Spekulationen thematisieren im Festival die sozialen und politischen Implikationen von Luft. Sie erkunden die Verbindung zu menschlichen und nichtmenschlichen Körpern, beschäftigen sich mit dem Einsatz von Nebel im Kriegskontext, bieten Atemwegsübungen an, erschaffen eine Polyphonie des Kampfes um saubere Luft für alle und gehen einer Neudefinition von Luft als öffentlicher Raum nach.